

Am Anfang anfangen. "There must be some way out of here" war 1967 eine ziemlich genaue Beschreibung des Lebensgefühls. Sekundarschule Belp, 15 Jahre. Einfacher geht es musikalisch nicht, ein Gitarrenriff, Trance erzeugend; der Text hingegen ein grossartiger Wurf surrealer Magie. Die Englischkenntnisse waren dürftig, das hat Ahnungen, Phantasien und Wünsche eher noch beflügelt. Ein Jahr später, 1968, kam Hendrix mit seiner Version: Pure Energie, wie von einem Sturm hergeweht. Und immer diese Sehnsucht, das sichere insgeheime Wissen, dass es da noch Vieles gibt, geben MUSS, wovon diese Musik Anklang war. Vorderhand jedoch Stift hinter dem Zeichenbrett, täglich die Uhr abstempeln, rote Stempel bedeuten Verspätung und sind beim Chef signieren zu lassen, zwei mal täglich Bestellung aufnehmen und am Kiosk ännet der Brücke Sexheftli, Schoggistängeli, Zigaretten Einkaufen für die Abteilung. "There are many here among us who feel that life is but a joke". Ja, genau das. Die Prinzen auf dem Wachturm, kommende und gehende Frauen, barfüssige Diener. Und am Horizont das Neue. "Outside in the distance a wildcat did growl. Two riders were approaching, the wind began to howl". All das funktioniert auch 50 Jahre später noch: Chuchibluus, Marc an der Gitarre und Hene an der Harp: All along the Watchtower, Bob Dylan 1967

55 Jahre später. Andere Musik, andere Vorlieben. "Gentle Rain" von Luis Bonfa, brasilianischer Komponist, Sänger und Gitarrist aus Rio de Janeiro (1922 - 2001). Gentle Rain (1965) gehört zusammen mit Manha de Carnaval und Samba de Orfeu zu seinen bekanntesten Titeln. Bossa Nova ist eigentlich brasilianische Populärmusik, die aber in den 60-er Jahren eine ausgedehnte Interaktion mit dem Jazz begann. Ausgefeilte Musik mit schönen Changes und subtiler Rhythmik.

....und hier noch der unverwüstliche "Blue Bossa", Teststück für alle Adepten des Jazz...Joe Henderson 1963/Die LP heisst "Page One".
Zuweilen frage ich mich, warum mich genau die Musik der 60er Jahre so anspricht - vermutlich habe ich sie im zarten heranwachsenden Alter da und dort gehört, und das hat Spuren hinterlassen. Zwar gefielen mir Pop und Rock als Adoleszent sehr, aber dann gab es musikalische Eindrücke, die mich sozusagen aus den Schuhen bliesen. Zum Beispiel: "Take a walk on the wild side", Lou Reed, die letzten paar Takte mit dem Sax - Solo; oder "Riders on the Storm", The Doors, der Groove und das Keyboard. Einmal habe ich als kleiner, einsamer Lehrling sogar meinen vom Zeitgeist geerbten Widerwillen gegen das bourgeoise Milieu überwunden, das teure Ticket gekauft und der Chris Barber Big Band im Saal des Casinos Bern gelauscht. Dort fühlte ich mich in diesem an eine Draculafilm - Kulisse gemahnenden Saal mit blutroten Plüschsesseln, toupierten Damen in lächerlichen Abendkleidern und Frackputern mit Schnauz und Fliege zwar fehl am Platz, unwohl, aber die Musik.... It blew me away. Der Groove, die Solos, die Eleganz und scheinbare Mühelosigkeit. Als ich das hörte, wusste ich, es gibt eine bessere Welt: Music is The Healer (John Lee Hooker). Am nächsten Abend nach Arbeitsschluss ging ich ins lokale Musikgeschäft und meldete mich an für den Unterricht. Ein älterer Herr, diesmal Schlips und Schnauz, gab die erste Stunde. Er wollte mir "Junge komm bald wieder" von Fredy Quinn beibringen. Ich habe sofort die Flucht ergriffen und bin nie mehr hingegangen. Zur gleichen Zeit nahm die Jazzschule am Eigerplatz ihren Betrieb auf. Das habe ich verpasst, leider, oder vielleicht zum Glück, wer weiss.
Jetzt aber der Blue Bossa. Enjoy!
